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Info zum Weltgebetstag 2024

(von Hans-Dieter Raschendorfer)

Als das internationale Weltgebetstagskomittee auf ihrer Konferenz 2017 in Brasilien
»Palästina« zum Weltgebetsland 2024 erkoren hat, war natürlich nicht abzusehen, dass die Terrororganisation Hamas einen bestialischen Überfall auf israelische Zivilisten verüben und Israel daraufhin den Gazastreifen in Schutt und Asche legen würde. Und angesichts der unvorstellbaren Gewalt und des unermesslichen Leides in der Konfliktregion klingt das Motto „… durch das Band des Friedens“ wie Hohn.

Auch, wenn diese Entwicklung für das internationale WGT-Komitee nicht absehbar war, gewagt war die Entscheidung für Palästina trotzdem. Denn einen einheitlichen »Staat Palästina« gibt es nicht und gab es auch 2017 nicht. Zwar wurden die von Israel im Sechstagekrieg besetzten Gebiete Gazastreifen und Westjordanland sowie Ostjerusalem als Hauptstadt 1988 von der PLO, der palästinensischen Befreiungsorganisation, als Staat Palästina für unabhängig erklärt, aber von den westlichen Staaten nicht anerkannt. Durch mehrere Abkommen kam es ab 1994 zu einem Rückzug Israels und damit zu einer weitgehenden Unabhängigkeit der palästinensischen Gebiete.
2007 zerfiel das ausgerufene Palästina wegen des Fatah-Hamas-Konflikts in zwei Hoheitsgebiete: das Fatah-regierte Westjordanland und den Hamas-regierten Gazastreifen. Beide Gebiete werden autoritär regiert und seit den letzten gemeinsamen Wahlen 2006 wurden in keinem der beiden Gebiete mehr Wahlen abgehalten. Die Meinungsfreiheit ist zudem stark eingeschränkt.

Aktuelle Situation

Das internationale WGT-Komitee hat aufgrund der aktuellen Entwicklung die palästinensischen Christinnen gebeten, bis Dezember eine Überarbeitung des bisherigen Konzepts vorzunehmen. Bevor das überarbeitete Konzept veröffentlicht ist, sollten keine Weltgebetstagsveranstaltungen vorbereitet werden.

Kritik an dem bisherigen Konzept

Schon vor dem Terrorüberfall der Hamas wurde kritisiert, dass der WGT für Palästina und gegen Israel Partei ergreife. In dem zum WGT gedrehten Film, in dem eine Bäuerin, eine Keramikkünstlerin, eine Theaterpädagogin und eine Fußballerin über ihr Engagement erzählen, werden Israelis nur als »Besatzer« bezeichnet, obwohl der Gaza-Streifen seit 2005 nicht mehr von Israel besetzt ist.

In verschiedenen Texten ist von einem »Staat Palästina« die Rede, ohne darauf hinzuweisen, dass die sunnitisch Hamas den Gaza­streifen und die schiitische Fatah das Westjordanland jeweils autortär und keineswegs einheitlich regieren.
Eine Erklärung des WGT-Komitees Palästina bekundete am 13. Oktober (also eine Woche nach dem Hamas-Terrorüberfall) „tiefe Sorge und Solidarität mit allen, die von der aktuellen Situation in Israel und Palästina betroffen sind, insbesondere den erschütternden Ereignissen in Gaza“, benennt aber weder die Hamas als Ursache der Mordanschläge noch Juden als Opfer derselben.

Aber auch das »Weltgebetstag der Frauen – Deutsches Komitee e. V.«, schreibt in ihrem Flyer zum aktuellen WGT über Palästina: „Alle drei Gebiete sind seit 1967 unter israelischer Besatzung“, was seit 2005 für Gaza schlicht falsch ist. Weiter steht in diesem Flyer, dass Frauen in allen Palästinensergebieten „Rechtsverletzungen durch die Besatzungsmacht erleben müssten“. Dass sie in Gaza unter der Gewaltherrschaft und Frauenfeindlichkeit der islamistischen Hamas zu leiden haben, bleibt unerwähnt.

Daraufhin ging auch das deutsche WGT-Komitee auf Distanz. Zur Erklärung des internationalen WGT-Komitees, das nach den Massakern zwar „bösartige Gewalt“ gegen israelische Zivilisten sowie Geiselnahmen verurteilte, aber die Täter nicht benannte, schreibt das deutsche Komitee, dass es in dem Text eine deutliche Verurteilung der Terroranschläge der Hamas-Terroristen vermisse.

Der Deutsche Koordinierungsrat der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit fordert hingegen, das bisherige Material für März 2024 zurückzuziehen, auf die Durchführung in dieser Form zu verzichten und die Texte für den Weltgebetstag 2024 so zu überarbeiten, dass sie den Opfern des Hamas-Israel-Krieges gerecht werden“.
Der evangelische Bochumer Theologieprofessor Günter Thomas wirft dem Weltgebetstag vor, die Texte und Bilder der Materialien dämonisierten Israel. In einem offenen Brief an die damalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, und die EKD-Synodenpräses Anna-Nicole Heinrich forderte er, dass beide darauf hinwirken müssten, dass die Materialien für den Weltgebetstag zurückgezogen und grundlegend überarbeitet werden.
Doch während im weiteren Verlauf die Repräsentanten der deutschen Protestanten und Katholiken (Annette Kurschus und Georg Bätzing) den Hamas Überfall aufs Schärfste verurteilten, weigert sich laut WELT AM SONNTAG vom 12.11. der Weltkirchenrat, die Hamas eine diktatorische Terrorgruppe zu nennen.

Konsequenzen

Inzwischen wurde Titelbild der Künstlerin Halima Aziz zurückgezogen und der Verkauf des Bildes gestoppt. Auf den ersten Blick wirke es wie eine Idylle, so beschreibt das Deutsche Komitee des Weltgebetstags (WGT) das Bild „Praying Palestinian Women“, das die in Hagen am Teutoburger Wald geborene Halima Aziz, für den internationalen WGT 2024 geschaffen hat: Drei Frauen unter einem Olivenbaum, alle drei mit Schlüsseln als Schmuck, aber ohne Antlitz. Erst bei längerem Betrachten ließen sich Gesichtszüge entdecken, so der deutsche WGT, dann werde deutlich, dass die Schlüssel symbolisch für die Hoffnung auf Heimkehr vieler palästinensischer Flüchtlinge stehen. Das Internationale Komitee des World Day of Prayer erklärt die drei Frauen zu »drei Generationen«.Es wären rund 5,4 Mio Palästinenser, für deren »Heimkehr« man beten will. »Heimkehr« wohin? Darüber informiert der WGT nicht, sollte Israel gemeint sein, würden Frauen am ersten Freitag im März – einem Schabbat – weltweit dafür beten, die israelische Demokratie – 6,8 Mio Wahlberechtigte – auszuhebeln und den jüdischen Staat zu eliminieren.

Halima Aziz, die ihre Kindheit in Palästina verbrachte, 2008 den Krieg in Gaza miterlebte und seit 2009 wieder in Deutschland lebt, wird vorgeworfen, sich nach den Anschlägen über die sozialen Medien mit der Hamas solidarisch gezeigt zu haben. Die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Hannover meldete am 1. November auf ihrer Website: „Mit dem Titelbild können wir aufgrund der Nähe der Künstlerin zur Hamas nicht arbeiten.

Am 10.11. verkündete die Vorstandsvorsitzende des deutschen Weltgebetstagskomitees, Ulrike Göken-Huismann, dass erstmals in der fast 100-jährigen Geschichte des WGT die vom Komitee des Gastlandes erarbeitete Vorlage in Deutschland nicht zum Zug komme. „Diese Gottesdienstordnung ohne eine Aktualisierung, ohne in den aktuellen Kontext des Krieges gestellt zu werden, ohne für beide Seiten zu beten – das geht unseres Erachtens nicht.